Die Masken der Potenz Bestellen? Zurück Home

Grundsätzlich gehört die menschliche Sexualität, in scharfem Gegensatz zur häufig vertretenen Meinung, sie sei etwas Animalisches und somit Niedriges, zu den am wenigsten tierischen Wesenszügen unserer Art. Kein Tier ist in seiner geschlechtlichen Entfaltung so frei, flexibel oder einfallsreich, aber auch so grausam, blutrünstig oder pervers wie der Homo sapiens. Ohne Zweifel entstammt der Mensch dem Tierreich - so ist er auch ein Tier. Aber es gibt wesentliche Aspekte seiner Sexualität, wozu auch die in diesem Buch vertretene Auffassung der Potenz zählt, die so charakteristisch für den Menschen sind, daß sie bei Tieren kaum oder nicht einmal annähernd vorkommen. Deshalb wende ich mich in diesem Buch hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, der Sexualität des Menschen zu, wenngleich unter der Vorgabe, sie nicht allein körperlich, sondern ganzheitlich zu verstehen. Es liegt mir fern, Körperliches und Geistiges trennen zu wollen. Sie sind eins. Sie bilden eine Ganzheit. Man kann den Menschen nicht anders verstehen - was ohnehin bereits eine sehr große Anstrengung erfordert - als unterm Aspekt körperlich­geistiger Totalität. Deshalb fasse ich die Potenz auch sexuell auf, die Sexualität hingegen nicht allein körperlich. Potenz, wenn wir sie als Möglichkeit verstehen, ist nicht so handfest und exakt erfaßbar wie die Objekte der empirisch-naturwissenschaftlichen Forschung. Mich beeindruckt und reizt das nicht oder schwer Sichtbare, jenes, das man erst freilegen, aus seiner verbergenden Umhüllung herausschälen muß, das erst durch Analyse - aber auch durch Intuition und Gefühl - erkennbar wird, also durch Prozesse, die man als männlich und weiblich zugleich bezeichnen kann und die selbst eine Ausformung von Potenz sind. Neben dem ganzheitlichen Verständnis des Begriffes Potenz stellen also Weiblichkeit und Männlichkeit - nicht im Sinne eines Gegensatzes, vielmehr als komplementäre Modi menschlicher Existenz, auch als mentale Androgynie - den wesentlichen Inhalt dieses Buches dar. Mein eigentliches Anliegen ist weniger die Sexualität des Menschen als der Mensch selbst, den Männlichkeit und Weiblichkeit kennzeichnen, grundsätzlich und unabhängig vom körperlichen Geschlecht.

Das ist mein Thema: der ganze Mensch.

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