Die Zeitrechnung der New Economy-Revolution beginnt am 8. August 1995 mit dem Börsengang des
Internet-Softwareunternehmens Netscape. Der danach folgende Börsenboom der New Economy war
zunächst ein gigantischer Erfolg für die Aktionäre und die neu entstehenden Technologieunternehmen.
Angespornt durch den Erfolg von Netscape absolvierten innerhalb weniger Monate andere neue
Unternehmen wie Amazon, Yahoo! oder eBay ebenfalls sehr erfolgreiche Börsengänge und ließen die
Börsenbewertungen der Old Economy-Unternehmen sehr alt aussehen. Am Neuen Markt folgten bald
danach EM.TV und Intershop. Die Investmentbanken rekrutierten unermüdlich neue Börsenkandidaten und
produzierten Börsengänge am Fließband.
Die Begeisterung über die neuen Internet-Unternehmen verdichtete sich zwischen 1999 und 2000 zur
riesigen Spekulationsblase der New Economy. Angeheizt durch Investmentbanken und die von den Medien
übermittelten Geschichten über den neuen Reichtum der New Economy-Aktionäre schichteten zuletzt auch
die vorsichtigsten Sparbuchbesitzer ihr Geld in Aktien um. Der Höhepunkt des Booms wurde am 14. April
2000 erreicht, als die Spekulationsblase platzte. An diesem Tag sank der Index der
Technologiebörse NASDAQ das erste Mal seit vielen Jahren um mehr als 10% innerhalb eines Börsentages. Im danach
folgenden Niedergang der Börse wurden durch fallende Aktienkurse alleine an der NASDAQ mehr als 800
Milliarden Dollar Anlegergeld vernichtet. Es war eine Wiederholung der Ereignisse nach den Börsencrashs
von 1929 und 1891.
In der Analyse der Spekulationsblase und des wirtschaftspolitischen Umfeldes drängt sich einem der
Verdacht auf, daß der zum Börsencrash führende Hype wie schon bei anderen Börsencrashs zuvor von
Investmentbankern initiiert, instrumentalisiert oder gesteuert worden sein könnte. Die machtbewußten
Banker könnten wieder einmal erfolgreich mit der Psychologie und der Gier der Kleinanleger gespielt haben.
Die Börse könnte dabei als gigantische Umverteilungsmaschine für die großen Banker fungiert haben, mit
deren Hilfe das Vermögen vom kleinen Privatanleger zu den Superreichen umverteilt wurde, ähnlich wie dies
bereits bei den anderen Börsenzyklen der Geschichte vorexerziert wurde. Gegenstand der Spekulation
waren diesmal die neuen Internet Start-Up-Unternehmen, die an den Technologiebörsen der ganzen Welt in
den Jahren zwischen 1995 und 2000 ihre unglaublichen Erfolge feierten und ihre Aktionäre reich machten. In
den Wochen und Monaten nach dem Crash im Frühjahr 2000 verloren vor allem die Kleinaktionäre Einsatz
und Gewinn.
Wie nach den anderen großen Börsencrashs verlor die Wirtschaft nach dem Crash 2000 ihre Orientierung
und steuerte auf eine Rezession zu. Sah es zunächst so aus, als würden wir diesmal durch eine umsichtige
Politik der Notenbanken um eine längere Rezession herumkommen, so wurde diese Hoffnung durch den
Terroranschlag vom 11. September 2001 zunichte gemacht. Die Flugzeugattentate auf das World Trade
Center und das Pentagon mit Tausenden Toten im Finanzherzen der Weltwirtschaft haben eine
Vertrauenskrise in der westlichen Welt ausgelöst und die Wirtschaft schwer getroffen. Amerika stürzte im 4.
Quartal 2001 in eine Rezession, und die westlichen Industrienationen folgten. Die Amerikaner starteten im
Oktober den Gegenschlag und griffen die Taliban-Hochburgen in Afghanistan an. Eine mögliche
Ausweitung des Terrorkrieges auf andere Länder wird von Amerika nicht ausgeschlossen. Es scheint, als würde Bush
den Terroranschlag zum Anlaß für eine umfassende Bereinigung des weltweiten Terrorproblems nehmen
und auch den Krieg gegen andere Staaten des Nahen Ostens, die Terrororganisationen unterstützen,
überlegen.
Die Unternehmen aller Branchen vermeldeten als Folge von Börsencrash und Terrorkrieg Umsatzrückgänge,
Gewinneinbrüche, Massenkündigungen und Insolvenzen. Die Investitionstätigkeiten der Unternehmen gehen
seither zurück, das Vertrauen der Konsumenten sinkt von Monat zu Monat, und ein Ende ist nicht absehbar.
Die Börse verhält sich orientierungslos und bringt die Aktionäre zum Verzweifeln. Die Experten erwarten
eine Besserung frühestens für Ende 2002, und selbst diese – ohnehin nicht sehr ermutigende – Annahme
setzt den Sieg Amerikas gegen den Terror voraus.
|
|