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Der Stellenwert der Jahrtausendwende im Szenario vom Weltuntergang

"Und wenn die tausend Jahre vollendet sind" - die Verheißung des Tausendjährigen Reiches

Weltuntergangsszenarien haben immer an Wenden zu einem neuen Jahrtausend Saison. Wo liegen dafür die Gründe, was ist eigentlich von dem vielfach befürchteten Untergang 2000 zu halten, warum beherrscht der Gedanke an den Tausender die gesamte abendländische Vorstellung vom Untergang der Welt?

Es ist die Vision von einer kurzen geläuterten Erdenzeit vor dem endgültigen Ende, eine Zeitspanne von tausend Jahren, in der nach der Geheimen Offenbarung des Johannes der Teufel im Abgrund gefangen liegt, und die Seelen der Märtyrer mit Christus herrschen. Der maßgebende biblische Satz, der bereits um das Jahr 1000 Katastrophenstimmung im Abendland verbreitet hatte, lautet: "Und wenn die 1000 Jahre vollendet sind, wird der Satan losgelassen von seinen Fesseln." Dem tausendjährigen Friedensreich folgt dann in der Vision von Patmos ein Endkampf, der mit dem alles vernichtenden Weltenbrand endet. Gog und Magog, vom Antichrist verführt, im eschatologischen Endkampf gegen die Heiligen zu kämpfen, werden am Ende durch Feuer umkommen.

Nach dem Historiker Friedrich Heer ist das erwähnte 20. Kapitel der Apokalypse zur "Magna Charta des Christentums" geworden, denn auf diese Stelle berufen sich vor allen anderen religiös-politische Bewegungen die sogenannten Chiliasten. In Unverständnis der biblischen Zahlensymbolik (die Zahl 1000 bedeutet in der Bibel eine "unvorstellbar lange Zeit") halten sie sich wörtlich an den symbolträchtigen Text der Apokalypse und erwarten ein tausendjähriges Reich, in dem Christus noch vor dem Weltende mit bereits zum ewigen Leben Auferweckten herrschen wird, ein Reich der Auserwählten schon hier auf Erden.22 

Das nicht zu verkennende Weltendszenario knapp vor der zweiten Jahrtausendwende nach Christus - in Literatur, Film und in den Medien - basiert also auf einem "alten" Deutungsfehler der Bibel, seine Grundlagen sind weiter nichts als ein historischer Lapsus.

Was geschah im Jahr 1000 n. Chr.?

Schon im Mittelalter gab es eine auffallend starke Prophetentradition, die sich auf das erwähnte Kapitel der Geheimen Offenbarung stützte. Je näher das magische Datum des Jahres 1000 rückte, desto stärker waren die kollektiven Ängste. So soll um diese Zeitenwende, nach den apokalyptischen Verheißungen des Tausendjährigen Reiches, so etwas wie eine Massenhysterie, eine Endzeitpanik über das Abendland hereingebrochen sein. Einigen historischen Berichten zufolge soll es in dieser Atmosphäre zu merkwürdigen Ereignissen gekommen sein, die, leider nur kurzfristig, eine sichtbare moralische Besserung der Menschen, ja ein außergewöhnlich ideales Menschenbild aufgezeigt haben sollen: danach schloß man überall Frieden, bekannte angeblich unaufgefordert seine Vergehen, strich die Schuldscheine des Nachbarn, ja man verschenkte Hab und Gut und erwartete mit Furcht und Bangen das so sicher prognostizierte Weltende. Doch das Jahr 1000 kam und ging vorüber, das Jüngste Gericht fand nicht statt, der Großteil der Menschen zeigte sich wieder machthungrig und habgierig wie zuvor.23 

Historische Forschungen haben ergeben, daß diese Endzeiterwartungen um das erste Millenium in Europa vor allem dort auftauchten, wo Wohlstand und Frieden geherrscht haben, wie etwa in Frankreich, in Nordspanien sowie in Teilen des Ottonischen Reiches.

Von neuerer Geschichtsforschung wird allerdings darauf verwiesen, daß es sich bei den erwähnten Ereignissen des Jahres 999 um Legenden oder zumindest um starke Übertreibungen handeln soll und daß andere Schreckenstermine, wie z. B. das Jahr 1033, das Gedenkjahr des Todes Christi oder das 1186 stattgefundene Zusammentreffen sämtlicher Planeten im Zeichen der Waage, eine mindestens ebenso starke kollektive Untergangsneurose hervorgerufen hätten. Von den Bayern wird in der "Vita Altmani" überliefert, daß sie ihre Endzeitangst vor dem Millenium in das Jahr 1065 vertagt hätten. Viele von ihnen sollen auf Grund einer mathematischen Kalenderspekulation zu diesem Zeitpunkt in das Heilige Land gezogen sein, um dort das Ende zu erwarten.24 

Die Endzeitstimmung des frühen 11. Jahrhunderts verschärfte sich noch durch Seuchen, die ganze Landstriche entvölkerten, aber auch durch Hungersnöte, hervorgerufen durch lange Regen- und Dürreperioden. Darüber hinaus trugen Naturphänomene, die dem Menschen im frühen Mittelalter unerklärbar waren, zur Endzeitstimmung bei. So versetzte etwa die am 29. Juni 1033 erfolgte Sonnenfinsternis große Bevölkerungsteile in panischen Schrecken.

In der Geschichte haben schon viele an einem irdisch gedachten Tausendjährigen Reich gebaut und mußten es meist mit dem Leben bezahlen. Historisch bedeutsame Chiliasten waren etwa der 1525 ermordete Thomas Münzer - er wollte sich das Reich Gottes durch Niederkämpfen der Gottlosen erringen - oder die Täufer in Münster, deren Gottesreich 1535 in einem Blutbad geendet hat. Kalte Schauer bereitet uns Bürgern des 20. Jahrhunderts die wohl schrecklichste apokalyptische Endzeitvision von Hitlers tausendjährigem "Dritten Reich". Sie hat der Menschheit mehr Elend gebracht als tausende Jahre der Weltgeschichte.

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